Neuen Ideen und Themen eine Chance geben
Bereits beim „Treffen der Wirtschaft“ im vergangenen Jahr kündigte Bürgermeister Marco Babenz an, die Stadtverwaltung Calau werde eine zusätzliche Stelle für den Bereich Wirtschaftsförderung schaffen. „Mit Blick auf die Herausforderungen, insbesondere im Zuge des Dauerthemas Strukturwandel, ist dies unverzichtbar“, so der Bürgermeister damals. Mittlerweile ist die Stelle seit dem 1. Juni 2024 durch Franziska Wölkerling besetzt. Im Interview verriet sie, welche ersten Projekte sie angeschoben hat, wie sie den Wirtschaftsstandort Calau einschätzt und welche Chancen der Strukturwandel für die Stadt bietet.
Am 9. September waren Sie exakt 100 Tage als Wirtschaftsförderin tätig. Bei Politikern wird da gerne Bilanz gezogen. Wie sieht Ihre erste Bilanz nach mehr als drei Monaten aus?
Nachdem ich das Team der Verwaltung sowie interne Abläufe kennengelernt habe, nutzte ich erste Unternehmensbesuche gemeinsam mit dem Bürgermeister, um mich vorzustellen. Außerdem habe ich mir einen Überblick über Calauer Unternehmen und Vereine verschafft und erste Kontakte zu Wirtschaftsförderern der Region geknüpft.
Seit 2023 und bis vor Ihrem Dienstantritt in Calau waren Sie für die Wirtschaftsförderung in Senftenberg zuständig. Daher ist zu vermuten, dass Sie bereits einige regionale Partner kennen.
Gerade bei Themen wie Fach- und Ausbildungskräftegewinnung und Strukturwandel ist es wichtig, über städtische Grenzen hinaus zu denken und sich regional zu vernetzen. Insofern bringe ich sehr gerne meine Erfahrungen und Kontakte ein, um in Calau Positives zu bewirken.
Wie schätzen Sie den Wirtschaftsstandort Calau ein?
Von kleinen bis mittelständischen Betrieben bis hin zu Handwerk und Landwirtschaft hält die Stadt eine ansprechende Vielfalt bereit. Auch die Anbindung ans Gleis und die Autobahn sind sehr von Vorteil. Um die Innenstadt mit ihrer Vielfalt an kleinen Geschäften beneidet uns so manche Nachbarkommune. Auch das Engagement der Unternehmerinnen und Unternehmer ist sehr hervorzuheben. Hier seien nur stellvertretend der Calauer Unternehmerstammtisch beziehungsweise die Händlergemeinschaft „In Calau clever kaufen“ genannt.
Wo sehen Sie Reserven, an denen Sie ansetzen möchten?
Wir müssen den Ausbau von Gewerbeflächen vorantreiben, um Unternehmensansiedlungen auch in Zukunft zu ermöglichen. Bei der Sicherung und Gewinnung von Arbeits- und Fachkräften muss die schon bestehende gute Zusammenarbeit zwischen Schule und Unternehmen beziehungsweise dem Unternehmerstammtisch beibehalten und gestärkt werden. Schon die jüngsten Calauer müssen erleben können, welche vielfältigen beruflichen Möglichkeiten ihre Heimatstadt einschließlich der Ortsteile, also die gesamte Kommune, bietet. Sind wir dann auch noch offen für neue Geschäftsfelder, dann sehe ich die Zukunft für Calau sehr positiv.
Über allen diesen Themen steht der Strukturwandel, in dem sich momentan die gesamte Lausitz befindet. Es fließen Millionen Euro für Transformationsprojekte. Wie kann Calau davon profitieren?
Wie bereits erwähnt, werden wir keine größeren Gewerbeansiedlungen ohne neue Flächen erwarten können. Daher ist ein zentrales Schwerpunktthema im Rahmen des Strukturwandels die mögliche weitere Entwicklung des Gewerbegebiets Nord. Damit beschäftigen wir uns bereits intensiv. Denn durch die Ansiedlung von Unternehmen mit neuartigen Betätigungsfeldern gibt es Chancen, nachhaltige und neue Ideen für Calau zu entwickeln.
Können die Calauer Unternehmen oder Vereine auch direkt von der Förderung profitieren?
Die Erfahrung des bisherigen Vergabeprozesses hat gezeigt, dass durchaus auch kleinere Initiativen Strukturhilfen erwarten können. Kreative Menschen unserer Stadt können aktiv von den Fördermöglichkeiten profitieren. Bei Fragen oder Hinweisen stehe ich als Ansprechpartnerin natürlich sehr gern zur Seite.
Welche künftigen Herausforderungen sehen Sie für Unternehmen in Calau?
Allen voran natürlich die Fach- und Arbeitskräfteproblematik, die nahezu alle Bereiche tangiert. Daneben haben viele Betriebe auch ein Problem, eine passende Nachfolgeregelung zu finden. Ich kann nur raten, sich rechtzeitig mit dem Thema Unternehmensnachfolge zu befassen.
Wie könnte ein Ansatz dafür lauten?
Der Spruch „Tu Gutes und rede darüber“ ist gar nicht so verkehrt. Unternehmer sind gut beraten, wenn sie sich in der Öffentlichkeit präsentieren, etwa bei Ausbildungsmessen. Oder sie ermöglichen es, dem potentiellen Nachwuchs im Rahmen von Praktika, „Schnuppertagen“ oder Tagen der offenen Tür zu zeigen, womit man sich beschäftigt. Denn das ist eines, was ich in meinen ersten drei Monaten schon mitbekommen habe: Calau hat eine tolle Vielfalt an Unternehmen mit einer beachtlichen Leistungskraft. Doch die Menschen der Stadt, egal welchen Alters, wissen oftmals nicht im vollen Umfang, was für Möglichkeiten die heimischen Betriebe bieten. Ich denke darin liegt eine große Chance. Diese im Sinne unserer Unternehmen zu entwickeln, sehe ich als eine zentrale Aufgabe in den kommenden Jahren.
Für dieses und alle Ihre weiteren Projekte viel Erfolg. Danke für das Gespräch.
Es fragte: Jan Hornhauer
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